In den vergangenen Jahren gab es nicht nur in der Finanzpresse immer wieder den Begriff “short selling” zu lesen. Diese an den Finanzmärkten bei vielen Händlern übliche Praxis ist im Zuge der Finanzkrise in die Kritik geraten. Diese Kritik ist – ähnlich wie bei vielen anderen Finanzinstrumenten – nur zu einem gewissen Teil berechtigt. Um die damit zusammenhängenden Möglichkeiten und Probleme nachvollziehen zu können, sollte man jedoch zunächst einmal verstehen, was es überhaupt bedeutet, wenn ein Trader bei einigen seiner Positionen “short geht”.
Die deutsche Übersetzung für das short selling lautet Leer- oder Blankoverkauf. Verkauft werden können dabei alle Arten von Waren oder Finanzinstrumenten, die der Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht selbst in seinem Besitz hat. In der Praxis kommen solche Verkäufe vor allem bei Devisen und Wertpapieren vor. Ein Verkäufer muss die von ihm verkauften Werte erst zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft erfüllen. Das bedeutet, dass er zwischen dem Zeitpunkt des Verkaufs und dem im Vertrag spezifizierten Zeitpunkt die Waren oder Wertpapiere kaufen muss, um sie dem Käufer dann übergeben zu können.
Vorteile für Käufer und Verkäufer
Die möglichen Vorteile des short sellings liegen auf der Hand und lassen sich am Beispiel von Aktien gut erläutern. Der Verkäufer hat die Chance darauf, einen Gewinn zu machen, wenn der Preis der verkauften Aktien bis zum Lieferzeitpunkt fällt. In diesem Fall hat er einen relativ hohen Kaufpreis kassiert, kann die Aktien aber später zu einem niedrigeren Kurs kaufen und an den Käufer übergeben.
Umgekehrt kann der Käufer einen Gewinn machen, wenn der Kurs der Aktien steigt. In diesem Fall zahlt er den Kaufpreis und erhält später Aktien, deren Wert deutlich höher liegt. Bei einem Verkauf der Aktien ist also eine sofortige Rendite möglich.
Allerdings dient das short selling nicht nur als Methode im Zuge der Spekulation auf steigende oder fallende Preise. Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer können sich mit derartigen Positionen gegen künftige Preisänderungen absichern. Das ist zum Beispiel dann möglich, wenn der Kauf von Rohstoffen, der zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen soll, über den Leerverkauf des gleichen Rohstoffes abgesichert wird. So kann man als Käufer sicherstellen, dass der Preis für den Rohstoff nicht über einem gewissen Wert liegen wird. Dieser liegt zwar eventuell über dem Marktpreis, allerdings profitiert man von einer höheren Planungssicherheit, die im Geschäftsalltag ebenfalls wichtig ist.
Risiko ist längst nicht immer gleich
Wie hoch das Risiko ist, wenn man als Händler Leerverkäufe vornimmt und damit eine Short-Position eingeht, ist sehr unterschiedlich. Zunächst einmal ist die Frage wichtig, ob es sich um gedeckte oder ungedeckte Verkäufe handelt. Bei einem gedeckten Verkauf ist der Händler im Besitz der verkauften Waren oder Finanzinstrumente, sodass die Lieferung zu einem späteren Zeitpunkt kein Problem ist. Bei einem ungedeckten Verkauf hingegen befinden sich die verkauften Dinge nicht im Besitz des Händlers, es besteht also ein sogenanntes Eindeckungsrisiko.
Solche ungedeckten Verkäufe sind im Zuge der Finanzkrise in die Kritik geraten, da es zu einem “short squeeze” kommen kann. Wenn Händler nach einem Leerverkauf ihre Positionen glattstellen wollen, weil etwa der Kurs einer Aktie gestiegen ist und sie ihre Verluste begrenzen wollen, dann kann das zu weiteren Kursanstiegen des gleichen Papiers führen. Solche Kursbewegungen basieren zwar nicht auf den wirtschaftlichen Daten des jeweiligen Unternehmens, können aber nichtsdestotrotz große Auswirkungen auf den Konzern selbst sowie auf die Anteilseigner haben.
In diesem Zusammenhang sind binäre Optionen eine sehr gute Alternative. Mit diesem Finanzinstrumenten können Anleger auf steigende oder fallende Kurse eines bestimmten Basiswerts setzen. Allerdings wirkt sich der Auslaufzeitpunkt von binären Optionen nicht auf den Kurs des Basiswerts aus, da keine Papiere zum Erfüllen einer solchen Option ge- oder verkauft werden müssen.